Dieses Jubiläum ist ein ganz besonderes - nicht nur für den Stadtteil Adlershof, sondern für den gesamten Stadtbezirk und die Stadt.

Das kleine Dorf Adlershof hatte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts keine eigene Schule. Auf Grund der steigenden Einwohnerzahlen in den 80er Jahren von 300 auf 4300 musste die Gemeindevertretung über den Bau einer Schule nachdenken. Unvorstellbar für uns heute, denn derzeit leben mehr als 260.000 Menschen im südöstlichsten Bezirk Berlins. Damals lernten 441 Kinder an der Adlershofer Alten Schule.

Interessant zu wissen ist sicher, dass im Oktober 1898 die Mädchenschule in das neue Schulhaus in der Radickestraße zog, in dem sich heute die Anna-Seghers-Schule befindet. Im Mittelteil des Schulgebäudes erfolgte 1911 die Gründung der ersten deutschen Luftfahrerschule.

Am 20. März 1920 beschloss man, eine konfessionslose Schule in Adlershof ins Leben zu rufen, woraufhin die erste weltliche Schule Berlins und Preußens gegründet wurde, die reformpädagogische Ideen umsetzte. Zum ersten Mal gab es eine Einheitsschule, die allen Kindern gleichermaßen, unabhängig von Herkunft und Konfession, Zutritt zur Bildung ermöglichte. Im Mai 1933 wurde sie als weltliche Schule aufgelöst und diente im zweiten Weltkrieg mit den ausgebauten Luftschutzräumen als Schutz für die Adlershofer Bevölkerung und auch als Sammelstelle für Bombengeschädigte.

Am 01. September 1948 erhielt die Schule nach dem Einheitsschulgesetz die Bezeichnung „Einheitsschule – wissenschaftlicher Zweig zu Berlin-Adlershof“.

1960 kam es zur Einführung der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule, ebenso befand sich im Gebäude eine Erweiterte Oberschule, die von der 9. – 12. Klasse die Schüler unterrichtete und sie zum Abitur führte.

1991, dem Zeitpunkt der Umgestaltung des Bildungssystems, entstand die 2. Gesamtschule Treptow. Seit 1992 wurde die gymnasiale Oberstufe aufgebaut, die bis heute erfolgreich zur Hochschulreife führt.

Am 8. Dezember 1995 erhielt die Schule ihren Namen: Anna Seghers. Beim Festakt war auch die Tochter der berühmten Schriftstellerin anwesend und die Anwesenden vergessen sicher nicht einen Satz, den sie sagte, nämlich, dass ihr Mutter immer darauf geachtet habe, dass ihre Kinder, Ruth und Peter, egal, wo sie gerade lebten, zur Schule gehen müssten und dass wir auch heute immer über den Tellerrand schauen sollten. In diesem Sinne arbeiten und lernen wir. Auch Anna Seghers schrieb darüber, wie sie sich die Menschen wünschte:

„Und habt ihr denn etwa keine Träume, wilde und zarte, im Schlaf zwischen zwei harten Tagen? Und wisst ihr vielleicht, warum zuweilen ein altes Märchen, ein kleines Lied, ja nur der Takt eines Liedes, gar mühelos in die Herzen eindringt, an denen wir unsere Fäuste blutig klopfen? Ja, mühelos rührt der Pfiff eines Vogels an den Grund des Herzens und dadurch auch an die Wurzeln der Handlungen.“ (Anna Seghers, Die schönsten Sagen vom Räuber Woynok (1938)). Wir sind eng der literarischen Tradition verpflichtet und nutzen häufig die Ausstellungen und Führungen im Anna-Seghers-Museum.

Konzeptionell gab es noch eine Neuerung: Eine Grundstufe wurde aufgebaut und wir feierten 2018 ein herausragendes Ereignis: 10 Jahre Gemeinschaftsschule. Die ersten beiden ersten Klassen, die 2008 hier eingeschult wurden, erhielten im Juli 2018 ihre Abschlusszeugnisse. Viele von ihnen lernen aber weiter an unserer Schule und werden sicher erfolgreich 2021 ihr Abitur ablegen, ganz unter unserem Motto: „Gemeinsam statt einsam“.

An unserer Schule lernen im Schuljahr 2018/19 100 Schüler/innen im 1. Jahrgang, 78 Schüler/innen des 13. Jahrgangs stellen sich den Abiturprüfungen, insgesamt haben wir über 1200 Schüler/innen. Über 100 Lehrer/innen unterrichten die Jahrgänge 1 – 13, unterstützt werden sie in ihrer Arbeit von 25 Erziehern und 2 Sonderpädagoginnen.

Als Gemeinschaftsschule waren wir Vorreiter im Land Berlin, wir erprobten diesen Schultyp, lernten, wie wir besser unser gemeinsames Ziel, jeden Schüler und jede Schülerin auf das Leben und besonders auf den weiteren Bildungsweg vorzubereiten, erreichen könnten. Daher nimmt die Berufsorientierung einen hohen Stellenwert ein.

Wir beteiligen uns natürlich auch außerhalb des schulischen Rahmens am gesellschaftlichen Leben. Schüler/innen gestalten Programme, die man auf dem Adlershofer Herbstfest bestaunen kann, sie gestalteten im Rahmen eines Wettbewerbs im März 2019 Schaufenster in der Dörpfeldstraße, sie eröffnen mit einem zum Thema passenden Programm die Tagungen der Anna-Seghers-Gesellschaft in Berlin und nehmen an sportlichen Wettkämpfen teil. Das sind natürlich nur einige Aktivitäten, auf der Schulwebsite kann man sich gerne weitere Informationen holen. Auch darüber, wie wir das 100-jährige Jubiläum der Gründung der ersten weltlichen Schule 2020 feiern werden.

Birgit Burmeister

* Informationen zur Schulgeschichte aus der Broschüre „Treptower Schulgeschichte Teil I“ (Autorenkollektiv / Bezirksamt Treptow von Berlin, 1995)